Appetit durch Musik
Was wir hören, verändert die Art, wie wir unsere Umgebung wahrnehmen. Spielt im Hintergrund die richtige Musik, kann sich beispielsweise eine Decke kuschliger anfühlen.
Der Winter zeigt sich von seiner besonders kalten Seite. Die geheizten Einkaufs-Passagen laden zum Shoppen ein. Bereits beim Eintreten hat man das Gefühl, in einer anderen Welt zu sein. Hier wird der Verkehrslärm von Musik abgelöst. Nach kurzer Zeit zieht es einem dann, wie schon bei so vielen Shopping-Touren, zu einem der zahlreichen Fastfood-Stände. Schuld daran, könnte die Hintergrund-Melodie sein.
Machen Bässe hungrig?
In Zeiten des Online-Shoppings setzen Geschäfte und Restaurants in den Innenstädten auf die Wirkung unserer Sinne. “Häufig nutzen Händler und Gastronomen Musik, um Atmosphäre zu schaffen und ihre eigene Marke zu vermitteln”, sagt Monika Imschloß, Juniorprofessorin für Marketing und Handel an der Universität in Köln. So wird laute und basshaltige Musik eingesetzt, um den Drang nach fettigem Essen zu verstärken. Aber nicht nur Lust auf Pizza und Burger lässt sich auslösen, sogar unsere Wahrnehmung kann durch die Musik beeinflusst werden. So wirkt die Decke im Deko-Shop mit einer ruhigen bassarmen Melodie viel kuschliger. Achten Sie bei Ihrer nächsten Einkaufstour doch einmal darauf, wie das Gehör Ihre Wahrnehmung beeinflusst.
Ruhepausen für Mitarbeiter
Für die Kunden ist diese Hintergrund-Beschallung unbedenklich. Anders sieht es allerdings für die Mitarbeiter aus. Die sind der Musik den kompletten Arbeitstag ausgesetzt und nicht selten ist diese viel zu laut. Das kann dem Gehör auf Dauer schaden und erzeugt (Hör-)Stress, da es etwa schwerfällt, die Kunden zu verstehen. Verstärkt wird dies, wenn es für die Angestellten keine Ruheräume gibt und die Geräusch-Kulisse selbst in der Umkleidekabine durch Musik verstärkt wird. Insbesondere für Mitarbeiter in lauten Berufen sind regelmäßige Hörtests daher besonders wichtig.
Geräuschpegel mit LärmApp messen
Die Gewerkschaft Verdi rät Betriebsräten deshalb, die Arbeitgeber an die gesetzlichen Regelungen zu erinnern. Hintergrundmusik ist nur bis zu einer Lautstärke von 70 Dezibel zulässig. Damit Sie einen Eindruck des Lärmpegels in Ihrer Umgebung erhalten, hat der HNO-Verband eine Lärm-App für iPhones herausgegeben. Damit können Sie die Umgebungslautstärke messen. Die Ergebnisse sind zwar nicht 100-prozentig genau, geben Ihnen aber einen Eindruck, in welchem Rahmen sich die Lautstärke bewegt.
Der Ton macht die Musik
Wäre es also besser Musik in Restaurants und Läden generell abzuschalten? Hier gilt das Gleiche wie beim Musikhören mit Kopfhörern: Das gesunde Maß macht es aus. Denn genauso, wie wir uns gerne durch das Aufsetzen eines Kopfhörers vom Lärm der Umgebung abschotten, hat die Musik in Geschäften die gleiche Funktion. Denn ohne Musik bliebe nur der Lärm der Kasse und das Stimmengewirr der Mitmenschen – Einkaufen wäre um einiges stressiger. In Restaurants geht dies sogar noch weiter, denn viele Menschen fühlen sich vom Nachbartisch belauscht, wenn abgesehen vom Klappern des Bestecks Stille herrscht. Damit wir uns also gerne zum Shoppen begeben und beim Restaurantbesuch wohlfühlen, ist Musik nicht das Schlechteste – wenn sie nicht zu laut ist.
Mehr zum Zusammenspiel unserer Sinne erfahren Sie in unseren Beiträgen „Die Augen hören mit“ und „Hören mit Gefühl“.