Mögliche Folgen unversorgter Schwerhörigkeit

Verminderte Lebensqualität

Die Folgen einer Schwerhörigkeit können fast alle Lebensbereiche betreffen. Gespräche können anstrengend und zusehends vermieden werden, Telefonate, Radiohören und Fernsehen können beschwerlich werden. Das kann zu beruflichen Nachteilen und sozialer Isolation führen. Betroffene können unter den psychischen Folgeerscheinungen leiden: Ihr Selbstwertgefühl kann sinken, weil sie alltäglichen Situationen nicht mehr gewachsen scheinen. Oft ist es betroffenen Menschen auch unangenehm, anderen ihre Hörminderung einzugestehen. Sie könnten die Lust an der sozialen Interaktion verlieren, die aufgrund einer unbehandelten Schwerhörigkeit anstrengender und beschwerlicher wird. Insgesamt können Menschen, die mit einer nicht versorgten Schwerhörigkeit leben, einen Verlust ihrer Lebensqualität wahrnehmen. Dahingegen sagen 96% der in einer Umfrage aus dem Jahr 2022 befragten Hörgeräteträger, dass sich ihre Lebensqualität seit der Versorgung mit Hörgeräten verbessert habe.

Mögliche gesundheitliche Folgen einer Schwerhörigkeit

Dass diese Aussagen keine bloßen Vermutungen sind, sondern Erfahrungen echter Menschen, belegt die jüngste EuroTrak-Studie aus dem Jahr 2022. Darin berichten schwerhörige Menschen, die mit und ohne Hörgeräte leben, von ihren Erfahrungen und bewerten, wie stressig ihr Alltag ist, wie gut sie schlafen und ob sich ihre Lebensqualität durch Hörgeräte verändert hat.

Neben psychosozialen Folgen kann die ständige Anstrengung, seine Umgebung trotz eingeschränkten Hörvermögens wahrnehmen zu wollen, auch zu physischen Belastungen, wie erhöhter Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerz und Stress führen. Diese belegt ebenfalls die EuroTrak-Hörstudie 2022, eine repräsentative Befragung von Menschen, die mit einer selbst wahrgenommenen Schwerhörigkeit leben. Studien legen überdies nahe, dass das Risiko einer Depression zunehmen könnte, je stärker der Hörverlust ist. Die Versorgung einer Schwerhörigkeit mit Hörgeräten könnte helfen, diese Risiken zu verringern.

Was sagen die Betroffenen?

Nach eigenen Aussagen fühlen sich mit Hörgeräten versorgte Schwerhörige abends körperlich seltener erschöpft (36%) als Unversorgte mit starker Hörminderung (64%).

Als Ursache ist zu vermuten, dass es Hörgeräte ermöglichen, entspannter und weniger angestrengt an (vor allem kommunikativen) Alltagsaktivitäten teilzunehmen. Die Höranstrengung liegt bei unversorgten Schwerhörigen deutlich höher, was sich in mentaler, aber auch körperlicher Erschöpfung (angestrengter Blick, nach vorne geschobener Kopf, dadurch angespannte Gesichts- sowie Schulter-Nacken-Muskulatur) manifestieren kann.

Das Tragen von Hörgeräten beugt nicht nur abendlicher Erschöpfung vor, es scheint auch die Schlafqualität zu verbessern. 60% der befragten Hörgeräte-Träger sind mit ihrer Schlaf-Qualität zufrieden. Das ist ein um 50% höherer Anteil als der Anteil der mit ihrer Schlafqualität zufriedenen Menschen, die mit einer unversorgten Hörminderung leben (40%).

Schwerhörigkeit und Gedächtnisleistung

Vor allem bei älteren Erwachsenen kann mit zunehmender Schwerhörigkeit die Gefahr zunehmen, dass die Gedächtnisleistung nachlässt. Die renommierte Lancet-Kommission sieht Indizien dafür, dass ein Hörverlust im mittleren Lebensalter der größte modifizierbare Risikofaktor für eine Demenz-Erkrankung sein könnte (Livingston et al. 2020). Einen kausalen Zusammenhang zwischen unversorgter Schwerhörigkeit im mittleren Lebensalter und einer späteren Demenzerkrankung belegt die Studie nicht.

Wie das Deutsche Ärzteblatt im Januar 2023 berichtet, könnte „eine ausgeprägte Schwerhörigkeit (…) einer US-Studie zufolge mit einem erhöhten Demenzrisiko assoziiert“ sein. „Das Tragen eines Hörgeräts könnte dieses zusätzlich Risiko aber abmildern, wie die Studienautoren vom Cochlear Center for Hearing and Public Health an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore, USA, in JAMA berichten (2023; DOI: 10.1001/jama.2022.20954),“ meldet das Deutsche Ärzteblatt. Auch diese Studie zeigt keinen eindeutigen Kausalzusammenhang auf.

Folgen einer Schwerhörigkeit
Jede Schwerhörigkeit sollte von einem HNO-Arzt untersucht werden.

Risiken im Alltag vermeiden

Menschen, deren Hörverlust nicht behandelt wird, können Verletzungen und Stürze riskieren. Bereits eine Hörminderung ab 25 Dezibel könnte die Gefahr zu stürzen um fast das Dreifache erhöhen. Das ist das Ergebnis einer US-amerikanischen Studie, die ebenfalls Hinweise dafür gefunden hat, dass das Sturzrisiko von Hörgeräte-Trägern erheblich sinken kann (Lin/Ferrucci 2012). Durch eine unversorgte Schwerhörigkeit scheinen insbesondere ältere Menschen ein höheres Invaliditätsrisiko zu haben (Chen et al. 2015), und ihr Risiko, zur Bewältigung des täglichen Lebens von anderen Menschen abhängig zu werden, könnte steigen (Amieva et al. 2018).

Die bereits erwähnte EuroTrak-Hörstudie legt überdies nahe, dass das Sicherheitsempfinden schwerhöriger Menschen steigt, wenn sie Hörgeräte tragen. 71% der Hörgeräte-Träger fühlen sich nach eigener Aussage in städtischer Umgebung sicherer, seitdem sie sich mit Hörsystemen haben versorgen haben lassen.

Vor allem das Richtungshören spielt eine wichtige Rolle in der räumlichen Orientierung. Verkehrsteilnehmer – vom klingelnden Radfahrer bis zum fast lautlosen Elektroauto –werden dank Hörgeräten besser wahrgenommen, ihre Entfernung und Richtung können schneller erkannt werden. All das erhöht die Sicherheit und die Bereitschaft, sich bis ins hohe Alter im öffentlichen Raum zu bewegen – ob zu Fuß, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem PKW (66% berichten über ein höheres Sicherheitsgefühl aufgrund ihrer Hörgeräte) oder dem Fahrrad bzw. E-Bike (ebenfalls 66%).

Bei Verdacht auf Hörminderung: Fachärztliche Diagnose einholen

Das Zusammentreffen der oben skizzierten Risiken und potentiellen Folgeerscheinungen unversorgter Schwerhörigkeit kann nicht nur persönliche körperliche und seelische Risiken erhöhen, sondern auch ein hohes soziales Konfliktpotenzial bergen: Die Betroffenen sind oft reizbar. Ihre Familien und Freunde erkennen jedoch oft nicht die Ursache dafür und reagieren nicht selten mit Unverständnis. Umso wichtiger ist es, dass das Umfeld von Menschen, die mit einer Hörminderung leben, aufgeklärt ist, mit Verständnis agiert und die Betroffenen dazu ermutigt, den kleinen aber wichtigen Schritt zum HNO-Arzt  und zum Hörakustiker zu gehen. Denn wichtig ist die rechtzeitige fachärztliche Diagnose und anschließende Therapie, die in den meisten Fällen (z. B. bei einer Schwerhörigkeit im Alter) in der Versorgung mit Hörgeräten besteht.

Regelmäßige Vorsorge ist wichtig

Die bundesweite Initiative Hörgesundheit hat weitere medizinische Studien zusammengetragen, welche mögliche Folgen unbehandelter Schwerhörigkeit thematisieren. Um das Risiko von Folgeerkrankungen zu minimieren, fordert sie regelmäßige, kassenfinanzierte Hörscreenings beim HNO-Facharzt ab dem 50. Lebensjahr. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erhebt diese Forderung: Insbesondere zur Vermeidung der mit unversorgter Schwerhörigkeit assoziierten Komorbiditäten empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation in ihrem 2021 veröffentlichten World Report on Hearing, Erwachsene ab einem Alter von 50 Jahren regelmäßig auf Hörverlust zu testen.

Behandlung
Der erste wichtige Schritt ist der Gang zum HNO-Arzt.
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