Ein neues Leben mit Hirnstammimplantaten

Ein neues Leben mit Hirnstammimplantaten

Die Freundinnen Greta und Larissa tragen seit mehreren Jahren Hirnstammimplantate. Für die Kampagne Das Leben gehört gehört! berichten sie im Interview von ihren Erfahrungen mit Hörgeräten und den Hirnstammimplantaten.

Großartig, dass Sie bei unserer Kampagne „Das Leben gehört gehört!“ mitmachen! Greta, Sie tragen ein Hirnstammimplantat. Wie kam es dazu?

Ich habe die Krankheit Neurofibromatose Typ 2 (NF2). Typisch für diese sind Tumore, die überall im Nervensystem wachsen können, auch an den Hörnerven. Mit 12 Jahren und dem Wachsen dieser Tumore ist mein Hören schlechter geworden und ich habe schnell meine ersten Hörgeräte bekommen. Zu der Zeit habe ich bei jeder schlechter werdenden Frequenz um mein Hörvermögen getrauert und mich gleichzeitig nicht als schwerhörig identifizieren können.

Larissa, wie ist Ihre Geschichte?

Ich habe zwei Hirnstammimplantate, das erste wurde 2014 implantiert. Kurz nach meiner NF2-Diagnose haben sich die ersten Hörverschlechterungen bemerkbar gemacht. Ich war damals im Krankenhaus und habe die Nachtschwester nicht verstanden. Das war ein beängstigender Moment. Ich wusste zwar von meinen Tumoren an den Hörnerven, aber dass es so schnell geht, hat mich doch überrascht.

Das heißt, Ihre Schwerhörigkeit wurde zunächst mit Hörgeräten behandelt?

Greta: Viele Jahre hatte ich zwei mittelgroße Hörgeräte, die mich durch meine Schulzeit und mein Leben begleitet haben. Meine Freunde und Freundinnen haben diese Situation von Anfang an akzeptiert, es versucht, für mich leichter zu machen und haben meine Hörgeräte nicht ignoriert. Das hat mir sehr stark geholfen und war grandios!

Larissa: Ich habe noch sehr lange auf einem Ohr gut gehört. Erst als sich 2017 auch das Restgehör verschlechtert hat, habe ich meine Hörgeräte dauerhaft verwendet. Damals war ich schon berufstätig und es hat an manchen Tagen gut bei der Kommunikation geholfen und an anderen weniger. Ich hatte zu dieser Zeit mehrere Hörstürze. Meine Hörgeräte konnten die Probleme mit den Frequenzen nicht ausgleichen und ich konnte Gesprächen nicht mehr folgen.

Larissa, die Entscheidung für ein Hirnstammimplantat ist Ihnen sicher nicht leicht gefallen?

Ich habe mein erstes Implantat bekommen, als ich auf einem Ohr noch gut gehört habe. Das Hören war auf beiden Ohren zeitversetzt und ich habe von meinen Implantaten Kopfweh bekommen in Verbindung mit Übelkeit. Zudem habe ich weniger verstanden, wenn ich das Implantat getragen habe. Deswegen kam es nie oft zum Einsatz. Erst als ich 2018 nach einer Operation taub wurde, habe ich es angelegt und meine Schwester hat gefragt, ob ich sie verstehe. Das konnte ich bejahen. Ich hatte direkt Sprachverständnis, was damals niemand bei einem ABI für möglich gehalten hat. Ich war überglücklich.

Greta, bei Ihnen kam es zu einem musikalischen Aha-Moment, richtig?

Bevor ich die Hirnstammimplantate bekommen habe, hat mir mein behandelnder Arzt nicht sagen können, was genau ich wie gut wieder hören werde. Geräuscherkennung solle möglich sein, beim Sprachverständnis und dem Musikhören sei es aber nicht klar, ob und wie gut ich das wahrnehmen könnte. Als meine Implantate dann unerwartet so gut geworden sind, dass ich Sprache verstand, testete ich, ob ich meine Lieblingslieder wieder hören kann. Das war ein Moment, in dem ich die Zeit anhalten wollte, denn ja, ich konnte es hören und so viele Erinnerungen blühten in dem Zug mit auf.

Mit welchen Vorurteilen über Hörgeräte und Hirnstammimplantate hatten beziehungsweise haben Sie zu kämpfen?

Greta: Auch mit einer Hörhilfe oder einem Implantat besteht die Hörschädigung immer noch. Oft habe ich das Gefühl, dass die Menschen denken, dass ich mit der Hörhilfe wieder ganz normal hören kann. Nein, das ist nicht so. Ich bin weiterhin auf das Mundbild angewiesen, muss öfter mal nachfragen und Hintergrundgeräusche sind ein echter Struggle.

Larissa: Ich schließe mich hier Greta an. Auch ich habe in meinem Bekanntenkreis die Frage gestellt bekommen, warum ich denn nicht Telefonieren kann. Ich hätte doch Implantate. Außerdem ist es den Menschen immer noch peinlich auf Hörgeräte oder Implantate angewiesen zu sein. Gerade der Wechsel von Hörgeräten auf Implantate fällt vielen schwer, weil Implantate etwas größer sind und somit sichtbarer.

Mit dem Ziel, das Bewusstsein für gutes Hören zu schärfen, hat der Bundesverband der Hörsysteme-Industrie (BVHI) die Kampagne „Das Leben gehört gehört! gestartet. Sie erfahren, wie Sie Ihren Hörsinn lange erhalten und im Bedarfsfall bestmöglich versorgen können. Die Hörbotschafter unterstützten dabei und helfen, Menschen zu motivieren, das Gehör regelmäßig zu untersuchen und im Falle eines Hörverlustes rechtzeitig professionelle Unterstützung zu suchen.

Larissa, welches Talent haben Sie durch das Tragen der Hirnstammimplantate entwickelt?

Bei der Arbeit finden oft Video-Konferenzen statt. Im Gegensatz zum Telefonieren, habe ich damit keine Probleme. Ich kann mit meinen Implantaten genau raushören, wenn das Headset einer Person nicht funktioniert bzw. nicht eingeschaltet ist.

Und Sie, Greta?

Ich realisiere sehr schnell, wann ich eine Hörpause brauche, weil mein Kopf überreizt ist. Das konnte ich vorher nicht gut und kann dadurch mittlerweile sehr gut Grenzen ziehen. Manchmal nutze ich gerne aus, dass ich taub und hörend bin. Das bedeutet, wenn ich keine Lust habe, zuzuhören, ziehe ich meine Implantate einfach aus.

Wie können Menschen dazu ermutigt werden, offener über Hörgesundheit zu sprechen?

Larissa: Gerade die Sozialen Medien bieten ein gutes Medium, um über Tabuthemen aufzuklären. Oft merken wir, dass die Menschen Interesse an diesen Themen haben und sich zaghaft trauen Fragen zu stellen.

Greta: Höreinschränkungen können jeden von uns treffen. Ob es Tinnitus im stressigen Job ist oder eine Schwerhörigkeit, es ist nichts, was ein Tabu darstellen sollte. Je offener wir damit umgehen, desto besser können wir uns im Umgang gegenseitig helfen und stärken.

Larissa, welche besondere Erfahrung, die Sie nicht erwartet hätten, konnten Sie durch das Tragen der Implantate machen?

Wir wurden Hörpaten für die Firma MED-EL. Wir haben nicht nur viele Implantatträgerinnen und -träger getroffen, wir können so auch Menschen helfen, die noch unsicher sind beim Thema Implantat.

Wie unterscheiden sich Hirnstamm- und Cochlea-Implantate?

Beim Hirnstammimplantat findet die elektrische Stimulation im Innenohr statt, beim Cochlea Implantat wird die Stimulationselektrode am Nucleus-Cochlearis-Komplex positioniert. Die Soundprozessoren beider Lösungen werden hinter dem Ohr getragen. Der größte Unterschied besteht in der Form des Elektrodenträgers. Erfahren Sie mehr zu Cochlea-Implantaten.

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