Essen hören!
Das Auge isst mit – jeder kennt diese Redensart. Aber welche wichtige Rolle spielt gutes Hören beim Essen? Unsere Ohren essen mit und sind geschmacksverstärkend.
Auf einen Blick
- Die Ohren essen mit – ob beim Kochen oder Kauen
- Wissenschaftler erforschen den Einfluss der Ohren auf den Geschmack
- Gastrophysik erklärt, was schlecht Hörende beim Essen verpassen können
- Chips ohne Knistern oder Paprika ohne Schneidegeräusche schmecken dröger
Vom Paprikaschneiden, Schnitzelklopfen, Brutzeln und Zischen bis hin zum Kauen und Besteckklappern – Essen ist ein ganz eigener Geräuschekosmos. Unsere Ohren essen mit, wenn es quietscht, knuspert oder raschelt. Und: Wenn wir essen oder trinken, dann klingt das in unserem Kopf viel lauter, egal ob bei Chips, Karotten oder Popcorn. Auch das Gluckern beim Trinken oder das Schlucken ist deutlich zu hören. Hören wir schlecht, nehmen wir all diese Geräusche weniger wahr und verringern so auch unseren Essgenuss und die tägliche Lebensqualität.
Gutes Hören bedeutet also viel mehr als gutes Sprachverständnis. Unsere Ohren spielen eine wichtige Rolle, wenn wir unser Essen vorbereiten und es auf dem Teller haben, schneiden und dann im Mund zerkleinern. Sie sind geschmacksverstärkend. Warum die Ohren mitessen ist sogar Thema wissenschaftlicher Untersuchungen.
Buchtipp: Das Ohr isst mit – Der Einfluss der Ohren auf den Geschmack
„Gastrologik. Die erstaunliche Wissenschaft der kulinarischen Verführung“, heißt ein Buch von Charles Spence, Professor für Psychologie und Sinnes-Experte an der University of Oxford.
Er erforscht, inwieweit das Esserlebnis von weiteren Sinneseindrücken als dem Geschmackssinn abhängt und wie die Ohren mitessen und den Geschmack verstärken. Spence sagt: „Viele der Eigenschaften von Nahrungsmitteln, die wir wünschenswert finden – also knusprig, knackig, sprudelnd, cremig oder quietschend (wie Halloumi) – hängen, zumindest zum Teil, von Geräuschen ab.“ Ein Beispiel sind Kartoffelchips: Die Tüten lassen sich kaum leise öffnen und begleiten den Snackgenuss mit typischem, lautem Knistern. Spence fand heraus, dass Menschen Chips als nicht frisch empfinden, wenn sie keine Geräusche beim Öffnen und Kauen hören, also die Ohren nicht mitessen können. Das Essgenuss kann also hier bei schlecht Hörenden beeinträchtigt sein.
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Gesellschaft, Veranstaltungen, Ausgehen – damit verbundenen sind auch jedes Mal irritierende Nebengeräusche, vom Straßenlärm bis zur knisternden Popcorn-Tüte oder zum Geschirrgeklapper im Restaurant. Kein Problem für Hörgeräteträger: Hörgeräte können Hintergrundgeräusche unterdrücken.
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Hören beeinflusst unsere Geschmacksnerven und verstärkt das Esserlebnis
Seinen Forschungsbereich nennt der britische Wissenschaftler „Gastrophysik“ und bezeichnet damit die Eigenarten der Sinneswahrnehmung in Bezug auf das Essen. Eine seiner Erkenntnisse ist, dass Musik, genauer gesagt Tonhöhen, unsere Wahrnehmung von süß oder bitter beeinflussen. Der Sinnes-Experte ließ Probanden bei einem Experiment ein Stück Toffee essen, während ihnen hohe oder tiefe Töne vorgespielt wurden. Die Testpersonen berichteten von unterschiedlichen Geschmackseindrücken: Bei hohen Tönen schmeckte das Toffee süßer und bei tieferen Frequenzen nahmen die Probanden einen bitteren Geschmack wahr.
Bezogen auf den Hörsinn müssten demnach Menschen, die schlecht hören und in den meisten Fällen Defizite beim Hören hoher Töne haben, weniger Genuss an Süßspeisen verspüren. Während diese Annahme noch nicht empirisch nachgewiesen ist, steht fest, dass Hörminderungen, die meist schleichend beginnen, das Sprachverstehen verschlechtern. Symptomatisch dafür ist, dass die Gesprächspartner undeutlich zu sprechen scheinen.
Dieser Eindruck verstärkt sich besonders in lauterer Umgebung wie in Großraumbüros, Restaurants oder bei Feierlichkeiten. Zu Hause stellen die Betroffenen den Fernseher oder ihre Musik immer lauter und überhören so unter Umständen Telefon und Türklingel. Das kann nicht nur die Nachbarn nerven, sondern die gesamte Kommunikation wird zunehmend anstrengender. Schließlich sind die schlecht Hörenden und auch ihre Angehörigen, Freunde und Kollegen immer unzufriedener, die Lebensqualität nimmt deutlich ab.
Und: wer schlecht hört ermüdet oft schneller und zieht sich immer mehr zurück. Mit unserem Online-Hörtest können Sie Ihr Hörvermögen überprüfen. HNO-Ärzte oder Hörakustiker bieten kostenlose, professionelle Hörtests an, die Ihnen genau aufzeigen, wie gut Sie noch hören und ob ein Hörgerät bereits sinnvoll ist. Je eher eine Hörminderung so behandelt wird, desto besser – nicht nur für Ihre Esseindrücke und mehr Geschmackerlebnisse. Wer frühzeitig, oft schon um die 50 ein Hörgerät bekommt, dessen Ohren verlernen das Hören nicht, die Gewöhnung an die kleinen Hörwunder gelingt besser als wenn man zu spät damit beginnt und die Lebensqualität bleibt auch im Alter hoch. Wer zu spät agiert, für den wird es schwieriger sein, die vom Gehirn “vergessenen” Töne und Geräusche, wieder zu erlernen.
Und von den angeregten Gesprächen bei Tisch mit der Familie oder Kollegen und den zugehörigen, geschmacksverstärkenden Essgeräuschen, wenn unsere Ohren mitessen, einmal abgesehen: Auch die akustische Atmosphäre ist beim Essen nicht unwesentlich: Die Jazzpianistin Nina Simone beispielsweise kann den Hunger steigern, Justin Bieber drosselt den Appetit eher, das dröhnende Geräusch in einem Flugzeug lässt viele gerne Tomatensaft trinken und der Klang der Espresso-Maschine macht Laune auf Kaffeegenuss.
