Das sollten Sie über Cochlea-Implantate wissen!
10 Mythen über Hörimplantate, die Sie getrost vergessen können
Für Cochlea-Implantate (CIs) ist eine Gehirn-OP notwendig. Hörimplantate sind nichts für Ältere. CI-Träger können keine Musik hören – es gibt eine Menge Irrtümer über Hörimplantate. Wenn Hörgeräte nicht mehr ausreichen, kann jedoch ein Cochlea-Implantat helfen. Erfahren Sie hier, was Sie wirklich über Cochlea-Implantate wissen sollten.
Fake-News machen auch vor der Welt der Hörakustik nicht halt. Diese Mythen rund um Hörimplantate lassen sich leicht widerlegen und ausräumen. Stattdessen sollten Sie Fakten über Cochlea-Implantate wissen.
MYTHOS #1: Cochlea-Implantate sind nur etwas für junge Menschen
Fakt: Es gibt keine obere Altersgrenze für ein Cochlea-Implantat. Und auch keine nach unten. Viele Menschen bekommen CIs mit über 80 oder 90 Jahren. Studien zeigen, dass ältere Cochlea-Implantat-Träger signifikante Verbesserungen in der Sprachwahrnehmung erzielen. Auf der anderen Seite können bereits kleine Kinder, die mit einer schweren Höreinschränkung geboren wurden oder an Hörverlust leiden, von den Vorteilen einer Versorgung mit Hörimplantaten extrem profitieren. Cochlea-Implantate (CI) ermöglichen es hochgradig hörgeschädigten Kindern wieder oder erstmals Töne und Geräusche zu hören und bilden damit die Basis für die Hör-und Sprachentwicklung.
MYTHOS #2: Für ein Cochlea-Implantat ist eine Gehirnoperation notwendig
Nein. Für ein Cochlea-Implantat ist keine Gehirnoperation notwendig. Das Einsetzen eines Cochlea-Implantats hat absolut nichts mit einer Gehirnoperation zu tun. Bei der Operation wird eine Elektrode in die Cochlea, die Hörschnecke, eingeführt, die sich im Innenohr befindet. Der Chirurg kommt dabei nicht einmal in die Nähe Ihres Gehirns. Das Implantat selbst sitzt dann langfristig unter der Haut hinter dem Ohr. Es führen auch keinerlei Drähte in den Kopf hinein.
MYTHOS #3: Cochlea-Implantate müssen regelmäßig ausgetauscht werden
Cochlea-Implantate sind auf lebenslanges Hören ausgelegt. Die Haltbarkeit der im Kopf eingepflanzten Hörimplantate liegt bei 20–30 Jahren. Die meisten Leute aktualisieren ihren externen Audioprozessor alle paar Jahre, um von der neuesten Technologie zu profitieren. Dieser äußere Teil ist ein Minicomputer, der hinter dem Ohr oder separat am Kopf getragen wird und die Schallwellen in digitale Signale umwandelt. Er kann einfach ausgetauscht werden, ohne dass ein operativer Eingriff nötig ist.
MYTHOS #4: Ein Cochlea-Implantat kann das Restgehör schädigen
Fakt: Das Innenohr ist sehr empfindlich – deswegen haben Cochlea-Implantate weiche und flexible Elektrodenträger. In Verbindung mit immer besseren Operationstechniken tragen diese Elektroden dazu bei, das Restgehör zu erhalten. Und ganz im Gegenteil zeigen Studien, dass das Einsetzen eines Cochlea-Implantats mit seiner Elektrode das Innenohr von Hörgeschädigten stimuliert, die Resthörfähigkeit schwer hörgeschädigter Personen über Jahre stabilisiert und die Worterkennung deutlich verbessert (Sprinzl GM et al. Long-term Hearing Preservation in Electric Acoustic Cochlear Implant Candidates. Otol Neurotol. 2020 Jul;41(6):750-757).
MYTHOS #5: Mit einem Cochlea-Implantat kann man nicht schwimmen gehen
Fakt: Das Implantat selbst sitzt unter der Haut und ist komplett vor Wasser geschützt. Der externe Audioprozessor ist in der Regel jedoch nur spritzwasserfest. Modernste Prozessoren haben sogar den höchsten IP 68 Standard, der sogar Untertauchen in Wasser (1m tief für max. 60 Minuten) erlaubt. Das bedeutet, dass man ihn entweder vor dem Schwimmen abnehmen oder in eine wasserdichte Schutzhülle einpacken muss. Wer eine solche Schutzhülle, die verschiedene Hörgeräte-Hersteller im Portfolio haben, nutzt, kann sogar beim Schwimmen hören. Auch Tauchen bis zu einer Tiefe von rund 30 Metern ist mit einem Hörimplantat möglich. Dann sollte der Prozessor einfach im Trockenen bleiben. Oder Sie fixieren den Prozessor beim Schnorcheln, Kiten oder Wellenreiter mit einer Badekappe oder einer Neoprenhaube.
Wie funktioniert ein Hörimplantat?
Das Hörimplantat-System besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen. Einem äußeren Teil, dem Audioprozessor mit Sendespule, und einem inneren Teil, dem eigentlichen Implantat mit seinem Elektrodenträger, das unter die Haut eingesetzt wird.
Im Gegensatz zu einem Hörgerät, welches den Schall verstärkt, überbrückt das CI den geschädigten, nicht mehr funktionierenden Teil des Innenohrs und ermöglicht es so, wieder zu hören. Patienten mit einer Schallempfindungsschwerhörigkeit, deren Haarsinneszellen in der Cochlea, der Hörschnecke im Innenohr, fehlen oder beschädigt sind, bietet ein CI so einen neuen Weg zum guten Hören.
Der Audioprozessor hinter dem Ohr (HdO-Prozessor) besteht aus Mikrofon, Kabel und einer Spule. Parallel hierzu gibt es den SUP (Single-Unit-Prozessor), welcher alle Komponenten in einem Gehäuse integriert hat.
Der Audioprozessor nimmt Schallwellen (etwa von Gesprächen) auf und wandelt sie in elektrische Signale um. Mittels intelligenter Signalcodierungsstrategien wird das eingehende Signal entschlüsselt, codiert und induktiv über die Spule an das Cochlea-Implantat übertragen.
Dort werden über elektrische Impulse die Hörnervenfasern stimuliert, welche die Signale an das Gehirn weiterleiten, so dass die Informationen wie ein natürliches akustisches Ereignis verarbeitet werden.
MYTHOS #6: Mit einem CI lässt sich Musik nicht genießen
Fakt: Viele Menschen mit Cochlea-Implantaten hören gerne Musik, etliche sind sogar talentierte Musiker. Natürlich sind Rehabilitation und Übung wichtig, um das Musikhören wieder zu erlernen. Ganz allgemein erzielen viele Träger von Hörimplantaten eine breite Hörleistung, von Umweltgeräuschen über Sprache bis hin zu Musik.
MYTHOS #7: Mit einem Cochlea-Implantat kann man kein MRT machen lassen und muss sich vor WLAN hüten
Fakt: Um Weichteile, wie das Gehirn oder auch flüssigkeitsgefüllte Hohlräume wie das Herz oder den Gang der Bauchspeicheldrüse zu untersuchen, ist ein MRT notwendig. Diese Untersuchung ist auch mit Hörimplantaten möglich. Detailfragen dazu klären Sie bitte mit dem Hersteller Ihrer Implantate.
MYTHOS #8: Cochlea-Implantat-Träger müssen sich vor WLAN-Geräten hüten
WLAN-Geräte haben keinerlei Einfluss auf Cochlea-Implantate oder deren Audioprozessoren. Sie müssen sich keine Sorgen machen, wenn Sie sich in deren Nähe befinden.
MYTHOS #9: Mit einem Cochlea-Implantat darf man nicht im Flugzeug reisen
Fakt: Fliegen mit einem Cochlea-Implantat ist kein Problem! Dennoch sollte man dem Sicherheitsteam am Flughafen mitteilen, dass man ein Hörimplantat hat, denn es könnte die Sicherheitsscanner auslösen.
MYTHOS #10: Sofort nach der Implantat-OP kann man alles hören und telefonieren
FAKT: Nach der CI-Implantation müssen Sie normalerweise einige Wochen warten, bis Ihr Cochlea-Implantat aktiviert wird. Das Wiedererlernen des Hörens dauert oft einige Zeit und braucht Training. Dabei helfen Audiotherapeuten und spezielle Angebote der Kliniken. Eine solche Rehabilitation ist wichtig für den Hörerfolg mit Implantat.
Mythen sind oft hartnäckig, aber trotzdem falsch. Viele Betroffene bedauern im Nachhinein, dass Sie sich nicht schon früher für ein Cochlea-Implantat entschieden haben. Teilen Sie Ihr Wissen über Cochlea-Implantate und machen Sie den ersten Schritt. Ihr HNO-Arzt in Ihrer Nähe berät Sie dabei.
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