Aufgepasst und hingehört: Training für das Gehör
Aktuelles aus Medizin, Forschung & Wissenschaft – Teil 3: Hörtraining und Audiotherapie
Im dritten Teil unserer Reihe zu medizinischen Erkenntnissen, Studien und therapeutischen Ansätzen rund um die Behandlung von Schwerhörigkeit liegt der Fokus auf Hörtrainings und Audiotherapie. Individuell abgestimmt helfen sie Betroffenen, Hörstrategien zu entwickeln, die Wahrnehmung zu schärfen und den Umgang mit Hörsystemen oder CI zu verbessern.
Was können Sie selbst tun? Setzen Sie sich in den Garten, auf den Balkon oder auf eine Bank im Park. Schließen Sie die Augen, atmen Sie tief ein und aus. Konzentrieren Sie sich voll und ganz auf die Geräusche um sich herum. Was hören Sie: Vögel, rauschende Blätter, Gespräche, vielleicht Verkehr? Lassen Sie diese Klangvielfalt ganz bewusst auf sich wirken. Welche Geräusche mögen Sie, welche eher nicht? Versuchen Sie dann herauszufinden, aus welcher Richtung Sie kommen und ob sie sich vielleicht um Sie herum bewegen.
Dieses spielerische, ganz bewusste Hinhören ist viel mehr als bloßes Hören: es ist echtes Training für das Gehör. Indem Sie entscheiden, welche Geräusche Sie mögen, trainieren Sie den emotionalen Aspekt des Hörens. Indem Sie Geräusche bewusst differenzieren und verfolgen, stärken Sie gezielt Ihr Richtungshören.
Gutes Hören trainieren
Diese ist nur eine von vielen Übungen, um selbstständig das eigene Gehör zu trainieren. Das Ziel: Verschiedene Klänge identifizieren, Hintergrundgeräusche ausblenden und die Sprachwahrnehmung verbessern, um beispielsweise einem Gespräch folgen zu können. Das Ergebnis ist ein besseres Hörvermögen für alle – und insbesondere mehr Lebensqualität bei Menschen mit Hörverlust und Tinnitus.
Je länger eine Hörminderung unerkannt und unbehandelt bleibt, desto mehr verlernen Betroffene das korrekte Hören. Mit neuen Hörgeräten oder Hörimplantaten wie z.B. Cochlea-Implantaten (CI) geht dann oft eine Flut an Klängen einher, die bislang nicht hörbar waren. Betroffene müssen neu lernen, diese Geräusche einzuordnen und zu lokalisieren. Um das Gehirn an die veränderten Höreindrücke zu gewöhnen, hilft Erwachsenen wie auch Kindern ein Hör- oder Audiotraining, das von Hörakustikern, Hals-Nasen-Ohren-Ärzten, Tinnituszentren und psychosomatischen Kliniken angeboten wird.
Hörtrainings umfassen Programme mit vielseitigen Hörübungen, die das Sprachverständnis und die auditive Wahrnehmung verbessern sollen. Durch ein solches regelmäßiges Training lernt das Gehirn, neue akustische Signale besser zu verarbeiten und die eigene Kommunikationsfähigkeit steigt.
Hörverlust ganzheitlich behandeln
Eine Audiotherapie umfasst nicht nur die akustische Stimulation im Rahmen von Hörtrainings, sondern auch Beratung und psychosoziale Begleitung. Denn nach der Verordnung von Hörgeräten oder Cochlea-Implantaten spüren viele Hörsysteme-Träger zunächst eine gewisse Unsicherheit im sozialen Miteinander, fürchten Missverständnisse oder Stigmatisierung, beispielsweise am Arbeitsplatz. Im Rahmen der Audiotherapie lernen sie, mit der Diagnose Hörverlust, Schwerhörigkeit oder Tinnitus umzugehen.
Speziell ausgebildete Audiotherapeuten gehen dabei auf die individuelle Lebenssituation jedes Betroffenen mit Hörgeräten oder Cochlea-Implantaten ein.
- Zunächst geht es darum, die Diagnose Hörverlust zu akzeptieren und Perspektiven zur privaten und beruflichen Lebensgestaltung zu eröffnen.
- Darüber hinaus informieren Audiotherapeuten ihre Patienten über Leistungsansprüche und Leistungsträger.
Durch diesen ganzheitlichen Ansatz ergänzt eine Audiotherapie die medizinische Behandlung und Betreuung durch Hörakustiker.
Audiotherapie und Hörtraining bei Tinnitus
Eine Hör- oder Audiotherapie kann auch bei Tinnitus, also wenn Menschen Geräusche wie Rauschen, Summen oder Zischen ohne äußeren akustischen Reiz wahrnehmen, unterstützend eingesetzt werden. Dazu wird mit gezielten Übungen speziell ein Überhören des Tinnitus trainiert.
Mehr zur Diagnose und Behandlung von Tinnitus erfahren Sie in unserer Beitragsserie bestehend aus den Beiträgen Wie entsteht Tinnitus?, Moderne Therapien bei Tinnitus und Selbsthilfe bei Tinnitus.
Sie haben seit kurzem Hörgeräte oder Cochlea-Implantate und haben das Gefühl, dass das Hören noch nicht so gut klappt? Keine Sorge! Ihr Gehirn muss sich erst wieder daran gewöhnen, jetzt wieder eng mit Ihrem Gehör zusammenarbeiten zu können, um zuvor kaum wahrnehmbare Geräusche zu interpretieren. Gezieltes Hörtraining verbessert nicht nur das Hören, sondern auch das Verstehen.
Inspiration für spielerisches Training für das Gehör finden Sie in unseren Beiträgen „Richtig Hinhören soll gelernt sein“, „Mäuschen, piep einmal!“ und „Spielend die Ohren entdecken“. Die kurzweiligen Übungen eignen sich für die ganze Familie und lassen sich im Alltag auch zwischendurch sinnvoll und bequem anwenden.
